Page 10 - ATM Forum 2025-01
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Ein Pionier verabschiedet sich





               40 Jahre Abfallwirtschaft mit Leidenschaft – eine Ära geht zu Ende



       Ein Gespräch mit Ing. Alexander Würtenberger über vier Jahrzehnte Abfallgesche-  Aber auch mit allen anderen Vertretern
       hen in Tirol, neue Perspektiven und unzählige Einfälle für Abfälle.              der österreichischen Abfallwirtschaft -
                                                                                        von den Behörden bis zur Entsorgungs-
       Alexander, wie waren deine Anfänge       te. Die optimistischen Prophezeiungen in   wirtschaft  -  gab  es  immer  ein  konstruk-
       in der Abfallwirtschaft?                 Bezug auf das Einsparpotenzial von un-  tives, partnerschaftliches Mit einander.
                                                serem  großen Vorbild  und  Wegbereiter   Bei den vielen EU-Projekten der ATM gab
       Ich  hatte  das  Vergnügen  40  Jahre  das   der Abfallvermeidung, Prof. Dr. Gerhard   es die Möglichkeit, über den Tellerrand
       Umwelt- und Abfallgeschehen in Tirol    Vogel von der BOKU Wien, wurden leider   zu schauen.  Es wäre schön, wenn diese
       mitzugestalten.  Zuerst  drei  Jahre  in  der   nicht immer Realität.            Kontakte bleiben.
       Landesforstdirektion, dann fünf Jahre
       für die Stadt Schwaz und ab 1993 über    Es ist aber gelungen, mit vielen        Was ist in der Pension geplant?
       32 Jahre als Leiter der ATM-Umwelt- und   Projekten und Aktivitäten die Bevölke-
       Abfallberatung. Die ersten Jahre wa-     rung zu sensibilisieren und nachhaltig   Im Unruhestand werde ich versuchen,
       ren abfallwirtschaftliche Pionierzeiten.   für Bewusstseinsbildung zu sorgen.    beim  „Tafel-Projekt“  in  Mayrhofen  noch
       Außer einer Papiersammlung von den      An welche Aktionen denkst du beson-      ein paar Lebensmittel zu retten und die
       Pfadfindern  und  Studenten  einmal  im   ders gerne?                            schönen Dinge des Lebens zu genießen
       Jahr  und  ein  paar  wenigen  Glassammel-                                       wie unseren Naturgarten, meinen Mi-
       behältern gab es nichts in Tirol. Keine   Ja, wir konnten mit vielen Aktionen die   ni-Zoo und meine Bienen. Dann noch ein
       Problemstoffsammlung,  keine  Elektro-   Bürgerinnen und Bürger emotionell mit   bisschen Reisen mit Kultur und Weitwan-
       altgerätesammlung, keine Verpackungs-    ins Boot holen und damit Vorreiter in Eu-  dern. Uns  allen  wünsche ich  vor allem
       sammlung, keine Bioabfallsammlung,       ropa werden. Mir fällt dafür z. B. die Le-  Gesundheit – und der Rest ergibt sich
       keine Abfallvermeidung, keine Pfandre-   bensmittel-Abfallvermeidung  etwa  mit   dann von selbst!
       gelungen usw.                           „Genussbox“, „Karakter Ernte“ und „Fair-
                                                teiler“ ein, die Brillensammlung sowie
       Was passierte dann mit dem Abfall?       das Anti-Littering-Projekt „Sauber statt
                                                Saubär“. Die alljährliche Flurreinigung
       Viele hatten noch eine private Müllver-  im Frühjahr auf Wiesen und Feldern ge-
       brennung im Haus – sprich „Allesbren-    hört zu den größten Aktionen, die in den
       ner“ oder einen Dorfbach in der Nähe.   Gemeinden von tausenden Freiwilligen –
       Oftmals lautete die Devise, Abfälle mög-  vom Kindergartenkind bis zu Vereinsmit-
       lichst sorgsam zu verstecken. Umwelt-    gliedern – durchgeführt werden. Dazu
       schutz und die dazugehörige Bewusst-     gab es natürlich viele weitere Kampa-
       seinsbildung waren damals noch ein       gnen, bei denen wir auf unsere „Einfäl-
      „spanisches Dorf“!                        le für Abfälle“ aufmerksam gemacht ha-
                                                ben. Unter dem Motto „Saubere Berge“
       Das heißt, du hast ein großes Betäti-    entstand sogar ein Müllmahnmal auf der
       gungsfeld vorgefunden, um deine         Zillertaler Ahornspitze mit dem Künstler
       Einfälle für Abfälle umzusetzen …        Haki.


       Der wichtigste Meilenstein war für mich   Was bleibt dir noch nachhaltig
       die Ausbildung der zahlreichen Um-       in Erinnerung?
       welt-  und  Abfallberater  bei  der  ARGE
       Müllvermeidung in  Graz und  die Schaf-  Stichwort Berge: Für mich waren die  „Es war sehr schön, es hat
       fung gesetzlicher Grundlagen für eine      österreichischen Umwelt-  und Abfall-  mich sehr gefreut!“
       moderne Abfallwirtschaft. Mittlerwei-    berater immer eine große Familie, ver-
       le ist Österreich ein Umweltmusterland   eint im VABÖ (Verband Abfallberatung    Seit 1. März 2025 bleibt Alexander Wür-
       in verschiedenen Bereichen, wobei das    Öster reich). Eine liebe Tradition ist es ge-  tenberger mehr Zeit für die Hängematte
       Thema „Abfallvermeidung“ nicht wie von   worden, einmal im Jahr gemeinsam auf    mit Blick auf den Zillertaler Ahornspitz
       uns „erträumt“ umgesetzt werden konn-    Wanderung zu gehen. Heuer wollen wir    und ein gutes Buch und für ausgedehnte
                                                gemeinsam auf den Stubaier Höhenweg.    Wanderungen mit seinem „Liebling“ Balu.
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