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Die Tiroler Genbank: Landsorten aus dem Alpenraum
Schon einmal von der Tiroler Genbank gehört? Seit fast 100 Jahren werden in der Genbank des Landes Tirol alte Sorten der verschie-
densten landwirtschaftlichen und gärtnerischen Nutzpflanzen gesammelt, vermehrt, beschrieben und erhalten.
Geschichte
Die Entstehung der Tiroler Genbank geht
auf Prof. Erwin Mayr und die von ihm
gegründete Landesanstalt für Pflan-
zenzucht und Samenprüfung in Rinn zu-
rück. Seit 1922 wurden Sammlungen im
Alpenraum (v. a. Salzburg, Tirol, Vorarl-
berg und Kärnten) durchgeführt. Die
Sortimente der „Mayr-Sammlung“ ge-
DI Dr. Christian Partl Schwarzähriger Emmer
hören zu den ältesten erhaltenen und
beschriebenen Genbanksammlungen der Welt. Mayr sammelte Aktueller Stand
umfangreiches Landsortenmaterial, beschrieb Gersten- und Wei-
zenvarietäten entsprechend dem morphologischen System nach N etwa 1.000 Saatgutproben aus 35 Arten, getrocknet und im Kühl-
lager (Weizen, Gerste, Hafer, Roggen, Dinkel, Erbsen, Bohnen, Mohn,
Mansfeld 4 und legte Sortimente an, die heute noch in der Tiroler
Lein, Hirse, Buchweizen, Brotklee, Kraut und Rüben usw.)
Genbank durch wiederholten Anbau erhalten werden. Damit wa- N ca. 70 Kartoffel-Landsorten (jährlicher Anbau auf zwei Standorten)
ren zahlreiche Herkünfte für die Pflanzenzucht gesichert und ein N 10 andere Herkünfte verschiedener Arten (vegetative und
wertvoller Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt geleistet. generative Erhaltung)
N ca. 50 noch nicht gesicherte Herkünfte
Projekte
Warum gibt es Genbanken?
Von den Anfängen bis heute hat sich viel getan: Allein zwischen
N Erhaltung der genetischen Vielfalt/Biodiversität
2003 und 2008 wurden im Rahmen des Interreg-Projekts GENE-SAVE N Sicherung des genetischen Materials
ca. 400 Landsorten gesammelt. An den Landwirtschaftlichen Lehr- N Genetische Ressourcen für die moderne Pflanzenzüchtung
anstalten Imst und Rotholz wurden Pflanzgärten mit 68 alten hei- N Erhaltung angepasster Herkünfte und ihrer besonderen Eigenschaften
mischen Apfelsorten angelegt. Im Zuge des Interreg IV-Projektes N Beschreibung der Landsorten und ihrer Eigenschaften
N „memory banking“ = Erhebung weiterer Informationen über Verwendung
„CereAlp“ 2013 – 2015 wurde die Eignung alter Roggen- und Din-
(Be- und Verarbeitung, spezielle Gerichte), Kulturführung (Anbau,
kelsorten für die wirtschaftliche Nutzung als Brotgetreide geprüft. Düngung, Pflege, Ernte), Kulturgeschichte und die Menschen, die
„Ein Projekt gemeinsam mit der Universität Innsbruck befasst sich von und mit diesen Landsorten lebten.
mit der Trockenheitstoleranz alter Getreidesorten im Gegensatz zu
modernen Zuchtsorten“, informiert DI Dr. Christian Partl, der heute Rechtliche Grundlagen (auszugsweise)
für die Genbank verantwortlich zeichnet, über aktuelle Vorhaben.
N Konvention über die biologische Vielfalt (CBD); BGBl. 213/1995
Die Tiroler Genbank gehört zum Fachbereich Landwirtschaftliches N International Treaty on Plant Genetic Resources
Versuchswesen, Boden– und Pflanzengesundheit bei der Abtei- for Food and Agriculture (ITPGRFA); BGBl. 98/2006)
lung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht N Saatgutgesetz 1997; BGBl. I Nr. 72/1997)
im Amt der Tiroler Landesregierung. N Global Plan of Action und Leipzig Declaration 1996
Vergleichsanbau von 48 Mohn-Landsorten Kartoffel-Landsorten forum 09
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